Pflanzenkohle hat ein breites Wirkspektrum und kann in vielen Bereichen der Landwirtschaft eingesetzt werden. So setzt auch der Betrieb Doose aus Schleswig-Holstein Pflanzenkohle ein. Der folgende Bericht soll einen Einblick in die Einsatzmöglichkeiten der Pflanzenkohle aus der Praxis geben und wie sie helfen kann dem Ziel Kupierverzicht näher zu kommen.
Was war die Idee Pflanzenkohle einzusetzen?
Durch eine neue Ferkelherkunft mit durchschnittlich 10 % Langschwänzen in den Gruppen wollte der Betrieb Doose unter anderem durch die Fütterung einen Beitrag dazu leisten, die Tiere stabil und mit mehr Ruhe durch die Mast zu bringen. In diesem Zuge ist man auf den Einsatz von Pflanzenkohle gestoßen.
Betriebsüberblick Doose
4.500 Mastplätze
350 Hektar Futterbau
Selbstmischer
Pietrain- und Duroc-Genetik
Unter welchen Rahmenbedingungen wird die Pflanzenkohle eingesetzt?
Die Pflanzenkohle wird derzeit ausschließlich beim Betriebsstandort mit Langschwänzen eingesetzt. Hier werden auf 1.600 Mastplätzen Pietrain-Schweine deutscher Herkunft in getrenntgeschlechtlicher Haltung (Sauen und Eber) gemästet. Der Betriebsstandort erreichte im letzten Jahr eine durchschnittliche Leistung von ca. 900 bis 950 Gramm Tageszunahmen und ca. 105 Masttagen. Die Fütterung erfolgt über Breifutterautomaten. Es werden jeweils 30 Tiere pro Gruppe gehalten. Der Standort nimmt an der Initiative Tierwohl teil.
Seit rund 2 Jahren wird die Pflanzenkohle bei diesen Tieren kontinuierlich mit einer Einsatzmenge von 0,3 % dem Futter on top beigemengt. Das Futterkonzept setzt sich hierbei aus einem Vormast- und einem Mittelmastfutter zusammen und wird mittels mobiler Mahl- und Mischanalage hergestellt. Das Futter basiert zu ca. 50 % auf einer Getreidevormischung, welche sich zu etwa gleichen Teilen aus Triticale, Roggen und Weizen zusammensetzt. Weitere Komponenten sind in anteilig absteigender Reihenfolge Gerste, Sojaextraktions-schrot, Ackerbohne, Körnermais, Trockenschnitzel sowie Mineralfutter. Dem Futter wird neben der Pflanzenkohle auch 0,5 % Benzoesäure und ein Kräutermix hinzugefügt.
Welche Effekte wurden festgestellt?
Durch den kontinuierlichen Einsatz der Pflanzenkohle konnte festgestellt werden, dass die Tiere insgesamt ruhiger sind. Da der Betrieb Doose die Pflanzenkohle seit Beginn der Haltung von Tieren mit Langschwänzen einsetzt, gibt es keinen Vorher-Nachher-Vergleich. Dennoch konnte subjektiv und auch durch den Verlauf des Schwanzbeißgeschehens festgestellt werden, dass die Tiere ruhiger sind. So ist das Schwanzbeißen weniger intensiv. Es kommt zu keinem extremen Verlauf mit stark ausgeartetem Beißen. Dadurch werden auch nicht alle Tiere betroffen. Insgesamt lässt sich die Situation unter Einsatz von Pflanzenkohle im Futter und der zur Hilfenahme von verschiedenem Beschäftigungsmaterial, wie beispielsweise Faserati, Heu, Silage und Seilen, wieder schneller unter Kontrolle bringen. Schlussendlich konnten diese Effekte auch in Bezug auf die Ebermast festgestellt werden. Im Vergleich zu Ebern an anderen Betriebsstandorten wirken die mit Pflanzenkohle versorgten Eber ruhiger. Diese Ruhe wird schon beim Betreten des Stalls deutlich. Als weiterer wichtiger Aspekt konnte bei den Sauen und Ebern eine Leistungssteigerung der Tageszunahmen und der Futterverwertung wahrgenommen werden.
Effekte der Pflanzenkohle
ruhige und stabile Tiere
weniger Kannibalismus
höhere Leistung und Effizienz
mehr Beschäftigung
verdauungsfördernd
„Pflanzenkohle im Futter beruhigt die Tiere und unterstützt das Halten von Schweinen mit Langschwänzen.“ – K. Doose
Wie lassen sich die Effekte erklären?
Pflanzenkohle wird vom Menschen schon seit Urzeiten als Heilmittel eingesetzt. Ähnliche Wirkungen zeigt die Pflanzenkohle auch im Tier. Die Pflanzenkohle wirkt zunächst im Maul der Tiere als kaubare Substanz und schafft damit Ablenkung und Beschäftigung. Im weiteren Verlauf der Verdauung filtert und absorbiert die Pflanzenkohle durch die sehr hohe spezifische Oberfläche (siehe Abbildung) Schad- und Giftstoffe, wie beispielsweise Toxine, Pestizide etc., im Verdauungsbrei. Wie groß diese Oberfläche ist, lässt sich mit einem Vergleich gut darstellen: 100 g Pflanzenkohle haben in etwa eine Oberfläche von der Größe eines Fußballfeldes. Die Schad- und Giftstoffe müssen nicht vom Stoffwechsel verarbeitet werden, sondern werden mit der Pflanzenkohle als nicht verdauliches Trägermittel ausgespült. Sie können so keine Spuren im Organismus hinterlassen. Die Tiere haben damit vom Inneren heraus weniger Stressoren und sind weniger aufgewühlt. Der Organismus kann sich folglich mehr dem Wachstum widmen und es wird weniger Futter für anderweitige Stoffwechselprozesse benötigt. Ähnlich wirkt die Pflanzenkohle auch Bakterien gegenüber. Auch hier werden diese durch die sehr große Oberfläche gebunden, wodurch ähnliche Effekte hervorgerufen werden. Verdauungsstörungen wie beispielsweise Durchfallerkrankungen treten weniger intensiv oder gar nicht auf. Dabei fungiert die Pflanzenkohle durch die sehr hohe Wasserspeicherkapazität auch als Wasserbinder und dickt den Verdauungsbrei an. Daher eignet sich die Pflanzenkohle auch als „Feuerwehrmaßnahme“ bei akutem Durchfallgeschehen. Grundsätzlich ist die Gabe auch separat vom Futter möglich, da die Schweine sich nach Bedarf die Menge selbst dosieren können.
Das Gesamtpaket kann ruhigere Tiere, weniger Kannibalismus und mehr Leistung bzw. Effizienz bewirken.
Was kann man aus diesem Beispiel schlussfolgern?
Auch die Pflanzenkohle ist kein Allheilmittel und ihr Einsatz sollte immer in Kombination aller Faktoren gesehen werden. Der Einsatz von Pflanzenkohle in der Mastschweinefütterung kann das Halten von Schweinen mit Langschwänzen unterstützten und uns dem Ziel des Kupierverzichts näherbringen. Weiterhin spielt sie im Hinblick auf Nachhaltigkeit (Futterverwertung etc.) eine wichtige Rolle.